Göttlicher Ehrgeiz
Einführung
Chuck Colson war ein richtiger Selfmademan. Arrogant wie er war, schlug er als Student ein Harvard Stipendium aus. Er diente zwei Jahre in der US Marine, gründete dann seine eigene Anwaltskanzlei und ging schließlich in die Politik. Mit vierzig war er einer der engsten Berater von US Präsident Nixon. Später sollte er sich selbst als „ehrgeizigen politischen Königsmacher“ bezeichnen. Er war bekannt als Nixons „Mann fürs Grobe“.
Im Prozess um die Watergate Affäre bekannte er sich schuldig und wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Inzwischen war er Christ geworden. Nach der Urteilsverkündung sagte er, „Was heute im Gericht passierte… war der Wille des Gerichts und der Wille Gottes – Ich habe Jesus mein Leben gegeben und kann im Gefängnis genauso gut für Ihn arbeiten wie draußen.“
Und genau das tat Colson. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis gründete er die Prison Fellowship und hat seitdem direkt oder indirekt tausende von Menschen in eine Beziehung mit Christus geführt. Einmal hörte ich ihn sagen, „Ich war ehrgeizig und ich bin es noch, aber ich hoffe doch, dass ich es nicht mehr für mich bin (obwohl das ein hartes Ringen ist). Ich bin ehrgeizig für Christus.“
Ehrgeiz wird als der „Wunsch, Erfolg zu haben“ definiert. Aller Ehrgeiz lässt sich letztlich auf zwei Ziele reduzieren: Streben nach unserer Ehre und Streben nach Ehre für Gott.
Psalm 116,1–11
Du hast mir das Leben neu geschenkt!
1 Ich liebe den HERRN, denn er hat mich gehört,
als ich zu ihm um Hilfe schrie.
2 Ja, er hat sich zu mir herabgeneigt;
mein Leben lang will ich zu ihm rufen!
3 Ich war schon gefangen in den Fesseln des Todes,
Sterbensangst hatte mich gepackt,
und ich war völlig verzweifelt.
4 Da schrie ich laut zum HERRN, ich flehte ihn an:
»O HERR, rette mein Leben!«
5 Wie gnädig und gerecht ist der HERR!
Ja, unser Gott ist voll Erbarmen!
6 Er beschützt alle, die sich selbst nicht helfen können.
Ich war in großer Gefahr, doch der HERR hat mir geholfen!
7 Nun kann ich wieder ruhig werden und sagen:
»Der HERR hat mir Gutes erwiesen!«
8 Ja, er hat mich vor dem sicheren Tod gerettet.
Meine Tränen hat er getrocknet
und mich vor dem Untergang bewahrt.
9 Ich darf am Leben bleiben,
darf weiterleben in seiner Nähe.
10 Ich vertraute auf Gott, darum sagte ich ihm:
»Ich weiß nicht mehr aus noch ein!«
11 In meiner Bestürzung rief ich:
»Auf keinen Menschen kann man sich verlassen!«
Kommentar
Setze dir ehrgeizige Ziele für deine Gottesbeziehung
Gib deiner Gottesbeziehung die höchste Priorität. Verkünde wie der Psalmist, dass es dein Ziel ist, mit dem Herrn zu gehen: „So kann ich meinen Weg gehen in der Nähe des Herrn“ (9a; NGÜ). Achte darauf, dass sich dein Leben um deine Gottesbeziehung dreht. So kann deine Seele „ausruhen“ (116,7).
Diese Beziehung gründet auf die unterschiedlichen Arten, auf die wir Gottes Hilfe erleben. Wie der Psalmist erinnere ich mich, wie Gott „hört, wenn ich rufe“ (116,1), wie Er rettete, als ich in Not war (6b; EÜ), wie „der Herr gut zu mir war“ (7b) und „meine Seele vor dem Tode bewahrt hat, meine Augen vor den Tränen und meine Füße vor dem Stolpern“ (116,8). Das ist die Grundlage unseres Ehrgeizes, unseren „Weg in der Nähe des Herrn [zu] gehen“ (9a; NGÜ).
Gebet
Philipper 3,1–4,1
Was Christus getan hat, das zählt
1 Was auch immer geschehen mag, meine lieben Brüder und Schwestern: Freut euch, weil ihr zum Herrn gehört! Ich werde nicht müde, euch immer wieder dasselbe zu sagen; weiß ich doch, dass es euch Gewissheit gibt. 2 Hütet euch aber vor allen, die versuchen, eure Gemeinde zu zerstören! Sie sind wie bösartige Hunde, diese falschen Lehrer, die euch einreden wollen, dass ihr euch beschneiden lassen müsst, um zu Gottes Volk zu gehören. Dann können sie euch auch gleich verstümmeln!
3 Denn die wahre Beschneidung findet nicht am Körper statt, sondern besteht darin, dass Gott uns seinen Geist geschenkt hat und wir ihm dienen. Wir sind stolz, zu Jesus Christus zu gehören, und verlassen uns nicht länger auf das, was wir selbst tun können.
4 Ich selbst könnte mich mit größerem Recht als manch anderer auf diese Vorzüge berufen, wenn es wirklich darauf ankäme: 5 Ich wurde am achten Tag nach meiner Geburt beschnitten, wie es das Gesetz vorschreibt. Ich stamme aus dem Volk Israel und sogar aus dem Stamm Benjamin. Von Geburt an bin ich Hebräer wie schon alle meine Vorfahren. Außerdem gehörte ich zu den Pharisäern, der Gruppe, die am strengsten darauf achtet, dass Gottes Gesetz eingehalten wird. 6 Ich setzte mich mit großem Eifer für Gott ein und verfolgte deshalb sogar die christliche Gemeinde. Die Regeln des Gesetzes erfüllte ich bis in alle Einzelheiten, so dass niemand mir etwas vorwerfen konnte.
7 Aber seit ich Christus kenne, ist für mich alles wertlos, was ich früher für so wichtig gehalten habe. 8 Denn das ist mir klar geworden: Gegenüber dem unvergleichlichen Gewinn, dass Jesus Christus mein Herr ist, hat alles andere seinen Wert verloren. Um seinetwillen habe ich das alles hinter mir gelassen; es ist für mich nur noch Dreck, wenn ich bloß Christus habe.
9 Mit ihm möchte ich um jeden Preis verbunden sein. Deshalb versuche ich jetzt nicht mehr, durch meine eigene Leistung und durch das genaue Befolgen des Gesetzes vor Gott zu bestehen. Was zählt, ist, dass ich durch den Glauben an Christus von Gott angenommen werde. Darauf will ich vertrauen. 10 Um Christus allein geht es mir. Ihn will ich immer besser kennen lernen: Ich will die Kraft seiner Auferstehung erfahren, aber auch seine Leiden möchte ich mit ihm teilen und mein Leben ganz für Gott aufgeben, so wie es Jesus am Kreuz getan hat. 11 Dann werde ich auch mit allen, die an Christus glauben, von den Toten auferstehen.
Unterwegs zum Ziel
12 Dabei ist mir klar, dass ich dies alles noch lange nicht erreicht habe und ich noch nicht am Ziel bin. Doch ich setze alles daran, es zu ergreifen, weil ich von Jesus Christus ergriffen bin. 13 Wie gesagt, meine lieben Brüder und Schwestern, ich weiß genau: Noch bin ich nicht am Ziel angekommen. Aber eins steht fest: Ich will vergessen, was hinter mir liegt, und schaue nur noch auf das Ziel vor mir. 14 Mit aller Kraft laufe ich darauf zu, um den Siegespreis zu gewinnen, das Leben in Gottes Herrlichkeit. Denn dazu hat uns Gott durch Jesus Christus berufen.
15 Wir alle, die wir auf dem Weg zum Ziel sind, wollen uns so verhalten. Wenn ihr in dem einen oder anderen Punkt nicht meiner Meinung seid, wird Gott euch noch Klarheit und Einsicht schenken. 16 Doch an dem, was ihr schon erreicht habt, wollen wir auf jeden Fall festhalten. Bleibt nicht auf halbem Wege stehen!
17 Liebe Brüder und Schwestern, nehmt euch ein Beispiel an mir und an den Menschen, die so leben wie meine Mitarbeiter und ich. 18 Es gibt viele andere, die sich Christen nennen, aber durch ihr Leben erkennen lassen, dass sie Feinde des Kreuzes von Jesus Christus sind. Ich habe es euch schon oft gesagt, aber jetzt beschwöre ich euch sogar unter Tränen: Hütet euch vor ihnen! 19 Ihr Weg führt unausweichlich ins Verderben. Im Grunde leben sie nur für ihre Triebe und Begierden, und statt sich dafür zu schämen, sind sie auch noch stolz darauf. Sie denken an nichts anderes als an das Leben auf dieser Erde. 20 Wir dagegen haben unsere Heimat im Himmel. Von dort erwarten wir auch Jesus Christus, unseren Herrn und Retter. 21 Dann wird er unseren hinfälligen, sterblichen Leib verwandeln und ihn dem herrlichen, unvergänglichen Leib gleich werden lassen, den er selbst nach seiner Auferstehung empfangen hat. Denn Christus hat die Macht, alles seiner Herrschaft zu unterwerfen.
Wie Christen leben sollen
4 1 Darum ermutige ich euch, meine lieben Brüder und Schwestern: Bleibt nur fest in eurem Glauben an den Herrn, so wie ich es euch geschrieben habe! Ich habe große Sehnsucht nach euch, denn ihr seid meine Freude, mein ganzer Stolz, die Menschen, die ich von Herzen liebe!
Kommentar
Ehrgeizig für Christus
Manchmal fragen sich Christen, ob Ehrgeiz erlaubt ist. Sie assoziieren Ehrgeiz mit Stolz und meinen, Demut sei das Gegenteil von Ehrgeiz.
Paulus jedoch war äußerst ehrgeizig. Vor seiner Bekehrung war er ein ehrgeiziger Verfechter des Judentums, der die neue Kirche verfolgte. Nach seiner Bekehrung verlor er nicht seinen Ehrgeiz, wohl änderte sich aber, worauf er ihn richtete. Er setzte sich nun mit noch größerem Ehrgeiz für das Evangelium ein. In diesem Abschnitt vergleicht er sich mit einem Athleten, der fest entschlossen ist zu gewinnen (3,13-14).
Seinem Ehrgeiz für Christus stellt er zwei ungesunde Arten von Ehrgeiz gegenüber. Erstens seinen eigenen Ehrgeiz, bevor er Christ wurde. Er beschreibt, wie er ganz auf „menschliche Anstrengung“ vertraute (3,3), sich auf Symbole und Traditionen seiner alten Religion verließ (3,3-6). Aber wie der große Theologe Karl Barth einmal sagte, „Jesus Christus ist gekommen, die Religion zu zerstören.“
Gott möchte, dass du Vertrauen hast, doch nicht auf deine „menschliche Anstrengung“, sondern allein auf Gott – auf Seine Liebe und Fürsorge. Paulus‘ religiöser Ehrgeiz und Eifer waren fehlgeleitet und führten dazu, dass er „die Gemeinde unerbittlich verfolgte“ (6a).
Der zweite fehl geleitete Ehrgeiz ist der Fokus die Welt und das Materielle, den viele unserer Mitmenschen haben: „ihr Gott ist ihr Bauch; sie sind stolz auf Dinge, für die sie sich schämen müssten, und denken an nichts anderes als an das Leben hier auf der Erde“ (3,19).
Paulus hatte jetzt einen göttlichen Ehrgeiz. In den Versen 8-11 spricht er von „dem unschätzbaren Gewinn, Jesus Christus, meinen Herrn, zu kennen“ (3,8) und den Zielen, die sich daraus für ihn ergeben.
Er erkannte, dass er niemals perfekt sein würde. All sein Ehrgeiz, seine „eigene Gerechtigkeit“ zu suchen (3,9; EÜ), erachtet er nun als wertlos. Freu dich wie Paulus an der Tatsache, dass auch du „durch den Glauben an Christus .. die Gerechtigkeit, die Gott aufgrund des Glaubens schenkt“ empfangen hast (3,9; EÜ).
Wir werden in diesem Leben nie vollkommen sein. Unsere Schwächen halten uns in einer Abhängigkeit von Gott; wir brauchen Ihn und Seine Liebe und Barmherzigkeit. Wie soll dein Ehrgeiz aussehen?
1.\tChristus wirklich kennen
Paulus wollte Christus „erkennen“ (10a). Das griechische Wort, das hier steht, bedeutet mehr, als intellektuelles Wissen, also etwas über etwas wissen. Es meint persönliches Kennen. Mach es dir wie Paulus zum Ziel, nicht nur etwas über Christus zu wissen, sondern Ihn als Person immer besser zu kennen.
2.\tChristi Auferstehungskraft selbst erleben
Paulus beschreibt, wie diese enge Beziehung mit Christus aussieht. Sie bedeutet, „die mächtige Kraft zu erkennen, die ihn von den Toten auferweckte“ (3,10); und das nicht nur als einmaliges historisches Ereignis in der Vergangenheit, sondern als dynamische, anregende Kraft, die in *deinem Leben *wirkt.
Gottes Geist bringt diese Auferstehungskraft in dein Leben. In der Kraft Seines Todes und Seiner Auferstehung hat Jesus den Satan entmachtet, der Sünde ihre Macht genommen und den Tod besiegt. Dieselbe Kraft steht auch dir zur Verfügung, damit du ein heiliges Leben führen und anderen in der Auferstehungskraft dienen kannst. Mach es dir zum Ziel, diese Kraft immer besser kennenzulernen.
3.\tEin Leidensgenosse Christi werden
Christus zu kennen, bedeutete für Paulus zu lernen, „was es heißt, mit ihm zu leiden, indem ich an seinem Tod teilhabe“ (3,10). Für ihn ist Leiden untrennbar mit dem Kennen Christi verbunden. Es sieht darin keine Strafe, sondern ein Privileg.
Jesu Leiden und Tod unterscheiden sich von unserem insofern, als Er für unsere Sünden starb, um uns vor dem zu retten, was wir verdienen. Du wirst nie genau wie Er leiden, aber manchmal wirst du für deinen göttlichen Ehrgeiz leiden.
Dieses Leiden ist eine praktische Folge unseres Lebens als Christ. Für einige bedeutet das sogar schwere Verfolgung.
Für uns alle beinhaltet es „all die Schmerzen und Leiden… im Kampf gegen die Sünde, sei es innerlich oder äußerlich“ (J.B. Lightfoot). In diesen Momenten des Leidens haben wir „Gemeinschaft“ mit Christus. Mach dir diese Gemeinschaft zum Ziel, koste es, was es wolle.
4.\tDas Ziel kennen
Christus zu kennen, heißt an Seinem Schicksal teilzuhaben, „irgendwie zur Auferstehung aus den Toten hin[zu]gelangen“ (3,11; ELB). Wenn Paulus hier von „irgendwie“ spricht, zweifelt er nicht an dieser Hoffnung, sondern bestätigt das Geheimnis, das darin liegt.
Jackie Pullinger sagt, Gott habe ihr „Auferstehungsaugen geschenkt…Jesus allein öffnet Augen…aber alle, die an die Auferstehung der Toten glauben, wissen, dass ihr Ziel ein tröstlicher Ort, ein besseres Land, eine himmlische Stadt ist.“
Paulus weiß, „dass [er]noch nicht am Ziel [ist]…Aber eins steht fest: Ich … schaue nur noch auf das Ziel vor mir“ (12-13; Hfa). Analysiere nicht ständig deine Vergangenheit – wie oft und wie tief du gefallen bist, dein Versagen und auch nicht deine Erfolge. Vergiss, was hinter dir liegt und richte deine Augen fest auf Jesus. Folge mit ganzer Kraft Seinem Rufen.
Gebet
Jeremia 4,10–5,31
10 »Ach, HERR, mein Gott«, rief ich, »du hast dieses Volk und die Einwohner von Jerusalem schlimm getäuscht! Frieden hast du ihnen versprochen, und nun sitzt ihnen das Messer an der Kehle!«
11 Der Herr erwiderte: »Wenn es so weit ist, wird man den Einwohnern von Jerusalem und dem ganzen Volk zurufen: ›Ein Glutwind kommt von den kahlen Höhen in der Wüste!‹ Er wird meinem Volk direkt ins Gesicht blasen. Es ist kein Wind, mit dem man Spreu und Weizen voneinander trennen kann, 12 dazu ist er zu stark. Er kommt auf meinen Befehl. Jetzt werde ich persönlich mein Urteil über euch sprechen!
13 Ihr schreit: ›Seht! Der Feind rückt heran
wie eine Gewitterfront! Seine Streitwagen
brausen daher wie ein Wirbelsturm,
seine Pferde sind schneller als Adler!
Wir sind dem Untergang geweiht, wir sind verloren!‹
14 Jerusalem, reinige dein Herz von aller Bosheit,
damit du gerettet wirst! Wie lange noch
willst du Unheil ausbrüten?
15 Boten kommen aus der Stadt Dan
und vom Bergland Ephraim.
Sie bringen eine Schreckensnachricht:
16 ›Meldet Jerusalem und den umliegenden Völkern:
Aus einem fernen Land rückt ein Heer zur Eroberung heran!‹
Vor den Städten Judas werden sie
das Kriegsgeschrei anstimmen,
17 sich aufstellen und sie umringen wie Wächter,
die ein Feld bewachen; denn dieses Volk hat sich
gegen mich, den HERRN, aufgelehnt.
18 Das alles habt ihr euch selbst zu verdanken,
eure eigenen Taten und Irrwege haben es euch eingebracht.
Nun bekommt ihr den Lohn für eure Bosheit
und müsst spüren, wie bitter
und schmerzlich es ist, mich zu verlassen!«
Jeremia leidet mit seinem Volk
19 Was sind das für Qualen!
Ich winde mich vor Schmerzen,
und das Herz klopft mir bis zum Hals.
Ich kann nicht schweigen,
denn ich höre das Signalhorn
und das Kriegsgeschrei!
20 Man meldet eine Niederlage nach der anderen,
das ganze Land ist schon verwüstet!
Ganz plötzlich wurden unsere Zelte zerstört
und ihre Decken zerfetzt.
21 Wie lange muss ich die Feldzeichen der Feinde
noch sehen und ihre Signalhörner hören?
22 Der Herr spricht: »Mein Volk ist töricht
und verbohrt, sie wollen mich nicht kennen.
Sie sind wie unverständige
und dumme Kinder. Böses zu tun,
damit kennen sie sich aus,
aber wie man Gutes tut, das wissen sie nicht!«
23 Ich sah die Erde an – sie war leer und ohne Leben.
Ich blickte zum Himmel empor – dort schien kein Licht.
24 Ich schaute zu den Bergen hinüber – sie bebten,
und alle Hügel schwankten.
25 Im ganzen Land sah ich keine Menschen mehr,
selbst die Vögel waren fortgeflogen.
26 Die einst fruchtbaren Felder waren eine trostlose Wüste,
und die Städte lagen in Trümmern.
Das hat der HERR getan in seinem glühenden Zorn.
27 Er sprach:
»Ich will dieses Land verwüsten
– doch nicht ganz und gar!
28 Die Erde trauert, und der Himmel verfinstert sich.
Denn ich, der Herr, habe den Befehl dazu gegeben
und bereue es nicht. Mein Entschluss steht fest.
29 Die Reiter und Bogenschützen stürmen
mit lautem Geschrei heran, die Einwohner der Städte
fliehen in die dichten Wälder
und verstecken sich in Höhlen.
Alle Städte sind verlassen und unbewohnt.
30 Aber du, Jerusalem, was machst du da?
Deine Eroberer stehen schon vor der Tür,
und du ziehst dein leuchtend rotes Festkleid an,
hängst dir goldenen Schmuck um den Hals
und schminkst deine Augen?
Umsonst machst du dich schön!
Deine Liebhaber haben dich satt,
jetzt trachten sie dir nach dem Leben.«
31 Da, ein Schrei wie von einer Frau,
die zum ersten Mal in den Wehen liegt!
Es ist die Stadt Zion. Sie ringt nach Luft,
streckt Hilfe suchend ihre Hände aus und ruft:
»Ich bin verloren! Sie bringen mich um!«
Keine Vergebung mehr!
5 1 Gott sagt: »Geht doch einmal
durch die Straßen von Jerusalem und schaut euch um!
Sucht alle Plätze ab! Wenn ihr auch
nur einen Einzigen findet, der sich an das Recht hält
und zu seinem Wort steht,
dann will ich ganz Jerusalem vergeben.
2 Denn die Leute in dieser Stadt lügen
selbst dann noch, wenn sie bei meinem Namen schwören.«
3 Doch du, HERR, suchst nach aufrichtigen Menschen.
Du hast dieses Volk geschlagen,
aber sie haben sich nicht davon beeindrucken lassen;
du hast sie fast ausgelöscht,
und doch blieben sie hart wie Stein.
Sie weigern sich beharrlich, zu dir umzukehren.
4 Ich dachte: »So sind nur die Ungebildeten,
die den Willen des HERRN und die Gebote
ihres Gottes nicht kennen.
5 Ich will mich an die führenden Männer
dieses Volkes wenden und mit ihnen reden.
Sie kennen ja den Willen Gottes und wissen,
was er im Gesetz von ihnen verlangt.«
Doch gerade sie wollen von Gott nichts mehr wissen.
Seine Gebote sind für sie wie ein schweres Joch,
das sie abgeworfen haben.
6 »Darum werden die Feinde kommen
und sie zerreißen wie Löwen,
die plötzlich aus dem Dickicht springen,
wie Steppenwölfe werden sie über sie herfallen
und wie Leoparden draußen vor der Stadt lauern.
Wer hinausgeht, wird zerfleischt.
Denn dieses Volk hat große Schuld auf sich geladen
und mir immer wieder die Treue gebrochen.
7 Wie sollte ich euch da vergeben?
Ihr habt mich verlassen
und schwört bei Göttern, die keine sind.
Ich habe euch genug zu essen gegeben
– und ihr? Ihr treibt Ehebruch
und lauft scharenweise ins Hurenhaus!
8 Ihr seid wie überfütterte, geile Hengste:
Jeder wiehert nach der Frau des anderen.
9 Und das sollte ich ungestraft lassen, ich, der HERR?
Muss ich ein solches Volk nicht zur Rechenschaft ziehen?
10 Zerstört die Mauern dieses Weinbergs,
doch verwüstet ihn nicht ganz.
Reißt seine Ranken ab, denn er gehört mir nicht mehr!«
Ich ziehe euch zur Rechenschaft
11 »Ich, der HERR, sage: Die Bewohner von Juda
und Israel sind mir ganz und gar untreu geworden.
12 Mich, ihren HERRN, haben sie verleugnet,
als sie behaupteten: ›Er kümmert sich um nichts!
Uns wird schon kein Unglück treffen.
Von Krieg und Hungersnot bleiben wir verschont.
13 Was die Propheten uns angedroht haben,
ist leeres Geschwätz! Gott spricht nicht durch sie.
Das Unheil soll sie selbst treffen!‹«
14 Doch der HERR, der allmächtige Gott, hat zu mir gesagt:
»Weil dieses Volk so vermessen redet,
lasse ich die Worte, die ich dir in den Mund gelegt habe,
zu einem Feuersturm werden.
Das Volk mache ich zu Brennholz,
das vom Feuer verzehrt wird.
15 Hört, ihr Israeliten, ich sorge dafür,
dass ein Volk von weit her kommt
und in euer Land einfällt.
Das Volk ist sehr viel älter als ihr,
es ist unbezwingbar, und seine Sprache versteht ihr nicht.
16 Seine Bogenschützen treffen mit tödlicher Sicherheit,
und die Soldaten sind alle erfahrene Kämpfer.
17 Dieses Volk wird eure Ernte und eure Vorräte vernichten,
eure Söhne und Töchter töten, eure Schafe
und Rinder schlachten und eure Weinstöcke
und Feigenbäume umhauen. Eure befestigten Städte,
auf die ihr euch verlasst, wird es blutig erobern.
18 Doch auch dann werde ich euch nicht völlig auslöschen. Darauf gebe ich, der HERR, mein Wort. 19 Und wenn sie dich, Jeremia, fragen: ›Warum hat uns der HERR, unser Gott, dies angetan?‹, dann sollst du antworten: ›Ihr habt ihn verlassen und in eurem eigenen Land fremden Göttern gedient, nun müsst ihr in einem anderen Land fremden Herren dienen!‹
20 Verkündet den Nachkommen von Jakob,
sagt dem Volk von Juda:
21 Hört, ihr Leute ohne Sinn und Verstand!
Ihr habt Augen und Ohren, und trotzdem
seht und hört ihr nicht!
22 Ich, der HERR, frage euch:
Solltet ihr mich nicht fürchten
und vor mir zittern? Ich habe dem Meer eine Grenze
aus Sand gesetzt, die es niemals überschreiten kann.
Wie wild seine Wellen auch toben,
wie hoch die Wogen sich auch türmen
– über die Grenze kommen sie nicht hinaus.
23 Aber ihr wagt es, euch gegen mich aufzulehnen,
und geht eigene Wege. Ihr seid stur und widerspenstig.
24 Keiner von euch sagt sich:
›Wir sollten dem HERRN, unserem Gott,
mit Ehrfurcht begegnen!
Denn er sendet uns den Herbst- und Frühjahrsregen
zur rechten Zeit und lässt Jahr für Jahr die Früchte reifen,
damit wir sie ernten können.‹
25 Aber nun sind Regen und Ernte ausgeblieben;
eure eigene Schuld hat euch um all diese guten Gaben gebracht!
26 Ja, in meinem Volk gibt es gewissenlose Menschen,
die wie Vogelfänger auf der Lauer liegen.
Sie warten darauf, dass ihnen Menschen in die Falle laufen.
27 Ihre Häuser sind vollgestopft
wie der Käfig eines Vogelfängers,
sie häufen dort ihren Besitz auf,
den sie mit Trug und List erbeutet haben.
Mächtig und reich sind sie geworden,
28 fett und feist. Ihre Bosheit kennt keine Grenzen.
Sie verhelfen keinem Waisenkind zu seinem Recht,
den Armen verweigern sie jede Gerechtigkeit.
29 Und das sollte ich ungestraft lassen, ich, der HERR?
Muss ich ein solches Volk nicht zur Rechenschaft ziehen?
30 Was in diesem Land geschieht,
ist abscheulich und unerhört:
31 Die Propheten weissagen im Namen der Lüge,
die Priester herrschen eigenmächtig,
und meinem Volk gefällt das auch noch.
Doch was werdet ihr tun, wenn das Ende kommt?«
Kommentar
Hab den Ehrgeiz, Gottes Worte auszusprechen
Der Herr redet durch Jeremia: „Mein Volk ist töricht und kennt mich nicht… Sie wissen genau, wie man Böses tut, aber wenn es darum geht, das Richtige zu tun, fehlt ihnen jeglicher Verstand“ (4,22). Er kündigt ihnen Gericht an, weil sie ihren Ehrgeiz in die falsche Richtung gelenkt haben.
Jeremia ist sich sicher, dass die Anführer erkennen werden, was richtig ist: „Ich will zu den Führern des Volkes gehen und mit ihnen reden. Diese müssen ja den Willen des Herrn und seine Gesetze kennen“ (5,4). Aber wie das Volk „haben sie sich verhärtet und weigern sich beharrlich, ihre Taten zu bereuen“ (3c). Sie hatten ihren Ehrgeiz auf falsche Götter, wie Geld, Sex und Macht, gerichtet.
Gott allein kann unsere tiefsten Bedürfnisse stillen; Er sagte zu Seinem Volk, „Ich habe euch überreich mit Nahrung versorgt - und zum Dank begeht ihr Ehebruch und macht es euch im Hurenhaus gemütlich. Fette Hengste in der Brunst seid ihr: Jeder wiehert voller Gier nach der Frau des anderen“ (5,7b-8).
Er fährt fort und sagt, ihre Häuser seien mit Betrug gefüllt. „Sie sind reich geworden und haben Einfluss gewonnen. Aber sie sind auch fett und feist geworden“ (27-28a). Und obwohl sie reich waren, kümmerten sie sich nicht um Bedürftige: „ihre Bosheit kennt keine Grenzen. Sie treten das Recht mit Füßen: Sie unterstützen die Waisen nicht und verhelfen dem Armen nicht zu seinem Recht“ (5,28).
Gott hebt Jeremia auf ein neues Level vollmächtigen Redens: „meine Worte sollen in deinem Mund wie ein Feuersturm brennen“ (5,14). Auch du kannst das erleben, wenn du deinen Mitmenschen Gottes mächtige, lebensverändernde Botschaft weitergibst.
Gebet
Pippa fügt hinzu
Philipper 3,13b
„Indem ich die Vergangenheit vergesse und auf das schaue, was vor mir liegt…“
Es ist wichtig, sich in keiner Art und Weise von der Vergangenheit aufhalten zu lassen – seien es Versagen und Enttäuschungen oder Erfolge, die uns übermütig machen könnten. Wir müssen unsere Augen auf Jesus gerichtet halten.
Vers des Tages
Psalm 116,1
Ich liebe den HERRN, denn er hat mich gehört, als ich zu ihm um Hilfe schrie.
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Verweise
Diesen Texten liegt die englisch-sprachige Bible in one Year („BIOY“) von Nicki und Pippa Gumbel, London, England zugrunde, in der aktuellen Fassung von 2021.
Quellenangaben für Zitate im Text wurden dem englischen Original entnommen.
BIOY ist Teil von Alpha International. Alpha International ist eine Organisation („registered Charity“) in England und Wales (no. 1086179) und in Schottland (no. SC042906) und eine Gesellschaft privaten Rechts „by guarantee“ und registriert in England & Wales (no. 4157379). Der Hauptsitz ist „HTB Brompton Road SW7 1 JA London, England. © Copyright Alpha International 2021
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde erstellt von: Dipl. Übersetzerin Wibke Kiontke, Allgemein ermächtigte Übersetzerin EN/DE, Certified Translator EN/GE, Gutensteinstraße 12, D-61250 Usingen
Sprecher: Jörg Pasquay, Milchberg 7, 86150 Augsburg www.wortmuehle.de und Susanne Pasquay („Noch ein Gedanke meiner Frau“)
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Die Bibeltexte (Lesungen) sind der Übersetzung „Hoffnung für alle®“ entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®.
Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis, Basel.“