Tag 300

Schwierige Widersprüche

Weisheit Sprüche 26,4–5+12
Neues Testament Titus 2,1–5+7-8+10
Altes Testament Habakuk 1,2–5 und 3,17-19

Einführung

Ich habe schon oft gehört, dass die Bibel voller Widersprüche sei. Das stimmt: Sie enthält viele offensichtliche Widersprüche.

Wenn du an so eine widersprüchliche Stelle kommst:

•\tVersuche, die offensichtlichen Widersprüche mit der Botschaft der Bibel als Ganzes in Einklang zu bringen •\tVermeide, die Widersprüche künstlich in Einklang zu bringen •\tÜbe dich in Geduld – sei bereit, mit offenen Fragen zu leben

Weisheit

Sprüche 26,4–5+12

4 Antworte nicht auf eine dumme Frage,
 sonst begibst du dich auf die gleiche Ebene mit dem,
 der sie gestellt hat!
5 Oder gib die passende Antwort auf eine dumme Frage!
 So merkt der, der sie gestellt hat,
 dass er nicht so klug ist, wie er denkt.

12 Kennst du jemanden, der sich selbst für weise hält?
 Ich sage dir: Für einen Dummkopf gibt es mehr Hoffnung als für ihn!

Kommentar

Antworten – ja oder nein?

Das Wort „Narr” kommt im Buch der Sprüche 62 Mal, die Wörter „dumm“ bzw. „Dummheit“ 29 Mal vor. Ein Narr ist das Gegenteil eines klugen Menschen, den der Verfasser der Sprüche immer wieder lobt.

Er sagt,

•\t„Gib dem Dummen keine Antwort, die sich auf die Ebene seiner Dummheit begibt, damit die Leute dich nicht selbst für dumm halten!“ (26,4; GNB). •\t„Gib dem Dummen eine Antwort, wie seine Dummheit sie verdient, damit er sich nicht selbst für klug hält“ (26,5; GNB).

Wenn das kein offensichtlicher Widerspruch ist! Fänden sich diese beiden Verse in unterschiedlichen Teilen der Bibel, spräche man von einem offensichtlichen Widerspruch. Dass sie aber unmittelbar aufeinanderfolgen, lässt darauf schließen, dass der Verfasser keinen Widerspruch darin sieht.

Kritik ist oft ausgesprochen hilfreich, und wir können von ihr lernen. Manchmal wird aus Unwissenheit kritisiert (von „Narren“). Wie reagieren wir darauf? Hierin besteht die Spannung: einerseits wollen wir die Kritik mit keiner Antwort würdigen, weil wir uns auf dieselbe Ebene begeben würden (26,4). Andererseits wollen wir antworten, „damit [der Kritiker] sich nicht für weise hält“ (5b).

Möglicherweise wollte der Verfasser der Sprüche humorvoll auf das Dilemma, wenn man es mit Narren zu tun hat, hinweisen: Was du auch tust – du ziehst immer den Kürzeren.

Wir sind schnell dabei, den Narren immer im anderen zu sehen. Wenn wir so denken, halten wir uns „selbst für klug“: „Es besteht mehr Hoffnung für einen Narren als für einen Menschen, der sich für weise hält“ (26,12)! Und das ist der Haken. Nachdem wir gerade noch darüber geschmunzelt haben, wie dumm Narren doch sein können, werden wir erinnert, dass wir noch schlechter dran sind als er, wenn wir uns selbst für klug halten!

Gebet

Herr, bewahre mich davor, mich selbst für klug zu halten. Schenke mir für alle Entscheidungen Weisheit und auch dafür, wie ich auf Kritik reagieren soll.
Neues Testament

Titus 2,1–5+7-8+10

1 Du aber sollst dich in allem, was du sagst, nach der unverfälschten Lehre richten. 2 Die älteren Männer halte dazu an, maßvoll, ehrbar und besonnen zu leben, gesund in ihrem Glauben, ihrer Liebe und ihrer Geduld.

3 Die älteren Frauen fordere auf, ein Leben zu führen, wie es Gott Ehre macht. Sie sollen nicht klatschen und tratschen noch sich betrinken, sondern in allen Dingen mit gutem Beispiel vorangehen. 4 So können sie die jungen Frauen dazu anleiten, dass sie ihre Männer und Kinder lieben, 5 besonnen und anständig sind, ihren Haushalt gut versorgen, sich liebevoll und gütig verhalten und sich ihren Männern unterordnen, damit Gottes Botschaft durch sie nicht in Verruf gerät.

7 Sei du selbst ihnen in jeder Hinsicht ein gutes Vorbild. Lehre Gottes Botschaft unverfälscht und mit Würde.

10 Sie dürfen nichts unterschlagen, sondern sollen zuverlässig sein. So wird ihr ganzes Leben den Menschen vor Augen malen, wie großartig die Botschaft von Gott, unserem Retter, ist.

Kommentar

„Langweilig” oder „interessant”?

Wenn der christliche Glaube glaubwürdig und interessant für die Welt sein soll, müssen Christen ein authentisches und anziehendes Leben führen.

Paulus schreibt Titus, dass wir alles tun sollen, um der „Lehre von Gott, unserem Erlöser, Ehre [zu] machen“ (2,10). Der Hinweis, dass Frauen „besonnen und anständig …freundlich“ usw. (5a) sein sollen, hat zum Ziel, dass „Gottes Botschaft nicht in Verruf kommt“ (5b; GNB).

Ähnlich ist es mit den Anweisungen an Titus über Besonnenheit usw., „damit die Kritiker der Gegenseite beschämt werden, weil sie uns nichts Schlechtes nachsagen können“ (2,8).

Paulus‘ Lehre steht im krassen Gegenteil zu dem, was in der Kultur des 21. Jahrhunderts als attraktiv gilt. Er spricht von „gesunder Lehre“ (2,1), „selbstbeherrscht“ (2a) und „starke[m] Glauben“ (2b), von einem „Leben in Heiligkeit“ (2,3; ZB), davon „nicht dem Wein [zu] verfallen“ (2,3; ZB), von „besonnen und anständig“ (5a), von guten Haushaltern (2,5), von vorbildlicher, glaubwürdiger Lebensweise (7-8) – einem klaren „Nein“ zu „allen sündigen Leidenschaften“ (12a). „Wir sollen jetzt, in dieser Welt besonnen, gerecht und voller Hingabe an Gott leben“ (12b).

Das hört sich für viele heute alles andere als attraktiv an. Aber wenn wir jemanden sehen, der genau so lebt – Mutter Teresa oder Papst Franziskus, um nur zwei zu nennen – zieht uns das an. Unserer Gesellschaft missfällt der Gedanke von Heiligkeit, aber wenn die Menschen ein heilig gelebtes Leben sehen, sind sie fasziniert. Wahre „Heiligkeit“ ist, jeden Menschen lebendiger zurückzulassen, als er am Anfang der Begegnung war.

Leben, das „ehrbar und besonnen“, „gesund im Glauben“ und mit „Liebe“ (2,2; GNB) geführt wird, ist etwas Wunderbares; ebenso Menschen, die Vorbilder an Freundlichkeit, Reinheit und Ehrbarkeit sind (2,3.5); bei denen sich guter Charakter an ihren Taten offenbart; Gott-erfülltes und Gott-ehrendes Leben (2,12).

Jesus starb für dich und mich, „um uns von aller Schuld zu befreien und zu reinigen und uns zu seinem eigenen Volk zu machen, das bemüht ist, Gutes zu tun“ (2,14).

Gebet

Herr, bitte hilf mir, dass ich durch meine Art zu leben und zu lieben, die Lehre über Dich anziehend und interessant für andere mache.
Altes Testament

Habakuk 1,2–5 und 3,17-19

2 HERR, wie lange schon schreie ich zu dir um Hilfe,
 aber du hörst mich nicht. »Überall herrscht Gewalt!«,
 rufe ich dir zu, doch von dir kommt keine Rettung.
3 Warum muss ich so viel Unrecht mit ansehen,
 und warum schaust du untätig zu,
 wie die Menschen einander das Leben schwer machen?
 Unterdrückung und Gewalt, wohin ich blicke,
 Zank und Streit nehmen kein Ende!
4 Dagegen ist das Gesetz machtlos geworden,
 auf ein gerechtes Urteil hofft man vergeblich.
 Der Gottlose treibt den Unschuldigen in die Enge,
 und Recht wird in Unrecht verdreht.

5 »Seht euch einmal unter den Völkern um!
 Ja, schaut genau hin, und ihr werdet
 aus dem Staunen nicht mehr herauskommen!
 Was ich noch zu euren Lebzeiten geschehen lasse,
 würdet ihr nicht für möglich halten,
 wenn andere es euch erzählten.

17 Noch trägt der Feigenbaum keine Blüten,
 und der Weinstock bringt keinen Ertrag,
 noch kann man keine Oliven ernten,
 und auf unseren Feldern wächst kein Getreide;
 noch fehlen Schafe und Ziegen auf den Weiden,
 und auch die Viehställe stehen leer.
18 Und doch will ich jubeln, weil Gott mich rettet,
 der HERR selbst ist der Grund meiner Freude!

Anweisung für den Dirigenten: Dieses Lied soll mit Saiteninstrumenten begleitet werden.

19 Ja, Gott, der HERR, macht mich stark;
 er beflügelt meine Schritte,
 wie ein Hirsch kann ich über die Berge springen.

Kommentar

Glaube und Zweifel?

Sind Zweifel, Fragen und Ängste mit dem Glauben vereinbar? Hast du Beziehungsprobleme, Probleme in der Ehe (oder weil du unverheiratet bist), in deiner Familie, bei der Arbeit, mit deiner Gesundheit oder deinen Finanzen oder von allem etwas? Lässt dich das an der Existenz Gottes zweifeln? Solltest du deinen Glauben vielleicht über Bord werfen?

Viele Menschen meinen, Glaube sei bedingungslos. Sie denken, Glaube und Zweifel seien Gegensätze. Tatsächlich aber sind Glaube und Zweifel zwei Seiten derselben Medaille. Es besteht kein Zweifel daran: 2+2=4. Das erfordert keinen Glauben. Aber zu glauben, dass dich jemand liebt, erlaubt Spielraum für Zweifel. Dein Vertrauen auf Gott zu setzen, zu glauben, das ist ein bisschen wie, einen Menschen zu lieben. Es besteht immer die Möglichkeit des Zweifels. Ohne Zweifel wäre Glaube nicht Glaube.

Es ist auch nicht falsch, Gott in Glaubensfragen mal zu hinterfragen. Das Buch Habakuk beginnt mit einem gläubigen Mann, der doch seine Fragen hat. Es endet mit einem starken Glaubensbekenntnis, wie es uns nur selten im Alten Testament begegnet.

Habakuk betrachtete die Welt und war verwirrt und bange. Er sah „Zerstörung und Gewalt“ (1,2), „Unrecht“ und „Elend“ (1,2), „ Zank und Streit“ (1,3). Aber Gott schien seiner Meinung nach nichts dagegen zu unternehmen (1,2-4). Er sah Schmerz und Leid und fragte, „Wie lange noch, Herr…?“ (2a) und „Warum…?“ (2,3; GNB).

Er ging mit seiner Not darüber zu Gott und stellte ehrliche Fragen, die von Herzen kamen. Gott antwortete, Er wolle etwas ganz Erstaunliches tun; „Wenn es euch jemand erzählen würde, ihr würdet ihm nicht glauben“ (1,5). Er machte Babylon stark (1,6). In der Folge sollte Israel überwältigt und ins Exil geführt werden.

Habakuk war verwirrt. Gott hielt doch die Welt in Seinen Händen und war allmächtig (1,12). Wie konnte der heilige Gott die grausamen, Götzen anbetenden Babylonier dafür benutzen, ein frommes Volk zu strafen? „Du, unser starker Schutz, hast die Babylonier gerufen, um dein Strafgericht zu vollstrecken“ (12b). „Das kann nicht dein Ernst sein. Du kannst das Böse nicht dulden!“ heißt es in der The Message Bible (1,13) weiter. Habakuk bekam offenbar keine unmittelbare Antwort, aber er ging mit seinen Klagen und Fragen direkt zu Gott und wartete auf eine Antwort (2,1).

Zuerst hieß ihn Gott, seine Vision aufzuschreiben (2,2). Wenn du den Eindruck hast, dass Gott zu dir spricht, dir eine Vision gibt, ist es gut, sie möglichst genau aufzuschreiben, damit du sie jederzeit nachlesen und dich an ihr festhalten kannst. Zweitens sagte Gott, er müsse sich darauf einstellen zu warten: „Warte geduldig, selbst wenn es noch eine Weile dauert!“ (2,3; Hfa).

Gott möchte, dass du mit deinen Zweifeln und Fragen zu Ihm kommst. Du bekommst vielleicht nicht immer sofort eine Antwort auf all deine Fragen. Während du auf Antwort wartest, sollst du Gott weiter vertrauen, selbst wenn du Sein Handeln nicht ganz verstehst.

Zum Glauben gehört, Gottes Reden trotz aller Schwierigkeiten zu glauben: „der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben“ (2,4b; LUT). Habakuk sah voraus, dass ein Gericht über das gottlose Babylon kommen würde. Er sah auch, dass eines Tages „Die ganze Erde die Herrlichkeit des Herrn erkennen wird“ (2,14). Er sah den endgültigen Sieg des Guten über das Böse.

Bis es soweit sein würde, beschloss er, sich nah an Gott zu halten, was auch passieren sollte.

Entscheide dich, wie Habakkuk, zu loben anstatt zu lamentieren. Entscheide dich für die langfristige Perspektive und warte geduldig. Sei entschlossen, dich in allen Umständen zu freuen. Wähle den Glauben, selbst wenn dieser fruchtlos bleiben sollte (3,17-19).

Gott geht es nicht so sehr um die Ernte als um dein Herz. Selbst wenn du keinen anderen Grund zur Freude findest, freue dich über deine Beziehung mit dem Herrn. Habakuk sagt, „[Ich] will mich trotzdem über meinen Herrn freuen und will jubeln. Denn Gott ist mein Heil“ (3,18). Gott gab ihm einen sicheren Stand und ein leichtes Herz: „Der Herr, der Allmächtige, ist meine Kraft! Mit ihm kann ich so sicher wie eine Gazelle über die Felsen springen und wohlbehalten die Berge überqueren“ (3,19).

Joyce Meyer schreibt, „Wir müssen unseren Problemen erlauben, dass sie uns dazu bringen, uns auf die Hinterbeine zu stellen…damit wir durch unsere Probleme, unser Leid, unsere Verantwortung oder was auch immer uns aufhalten will, weiterkommen.“

Gebet

Herr, hilf mir, dir ganz zu vertrauen, wenn ich mit meinen Fragen und Zweifeln zu Dir komme. Hilf mir, mich an Dir zu freuen, auch wenn ich noch auf eine Antwort warten muss.

Pippa fügt hinzu

Habakuk 3,17–18

„Doch auch wenn die Feigenbäume noch keine Blüten tragen und die Weinstöcke noch keine Trauben, obwohl die Olivenernte spärlich ausfällt und auf unseren Kornfeldern kein Getreide wächst, ja selbst wenn die Schafhürden und Viehställe leer stehen, will ich mich trotzdem über meinen Herrn freuen und will jubeln. Denn Gott ist mein Heil!”

Ich erinnere mich, dass Andrew White (der ehemalige Pastor von Bagdad) über diese Verse predigte, nachdem die Stadt und seine Kirche bombardiert worden waren. Sein Glaube und seine Arbeit im Irak waren unheimlich inspirierend. Christen, die an Orten wie dem Irak oder Syrien leben, die dem IS trotzen, die umgeben sind von Leid und Verfolgung, fordern mich heraus. Mir fällt es nicht schwer, mich zu freuen, aber es beeindruckt mich sehr, dass sie es auch tun.

Vers des Tages

Habakkuk 3,18

Und doch will ich jubeln, weil Gott mich rettet, der HERR selbst ist der Grund meiner Freude!

Thought for the Day

Glaube ohne Zweifel wäre nicht Glaube.

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Verweise

Diesen Texten liegt die englisch-sprachige Bible in one Year („BIOY“) von Nicki und Pippa Gumbel, London, England zugrunde, in der aktuellen Fassung von 2021.
Quellenangaben für Zitate im Text wurden dem englischen Original entnommen.
BIOY ist Teil von Alpha International. Alpha International ist eine Organisation („registered Charity“) in England und Wales (no. 1086179) und in Schottalnd(no. SC042906) und eine Gesellschaft privaten Rechts „by guarantee“ und registriert in England & Wales (no. 4157379). Der Hauptsitz ist „HTB Brompton Road SW7 1 JA London, England. © Copyright Alpha International 2021

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde erstellt von: Dipl. Übersetzerin Wibke Kiontke, Allgemein ermächtigte Übersetzerin EN/DE, Certified Translator EN/GE, Gutensteinstraße 12, D-61250 Usingen
Sprecher: Jörg Pasquay, Milchberg 7, 86150 Augsburg www.wortmuehle.de und Susanne Pasquay („Noch ein Gedanke meiner Frau“) \t Die Bibeltexte (Lesungen) sind der Übersetzung „Hoffnung für alle®“ entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis, Basel.“

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