Tag 34

Drei Arten von Sieg

Weisheit Psalm 18,17–25
Neues Testament Matthäus 22,15–46
Altes Testament Hiob 30,1–32,22

Einführung

Jose Henriquez gehörte zu den dreiunddreißig Bergmännern, die 2010 in über 700 Metern Tiefe in einem Stollen der San José Kupfermine im Norden Chiles eigeschlossen waren. Es war am 5. August 2010. Siebzehn Tage lang waren alle Rettungsversuche gescheitert. Es gab keine Lebenszeichen mehr aus der Tiefe. Die Bergmänner hatten genug Essen für drei Tage und etwas Trinkwasser. Ein schrecklicher Tod durch Verhungern und Verdursten schien ihnen sicher.

Ich interviewte Jose Henriquez und seine Frau Bianca in unserer Gemeinde, Holy Trinity Brompton in London (HTB). Er erzählte, wie sie alle zu Gott um ein Wunder gebetet hatten. Er beschrieb den Augenblick am 22. August, als ein Bohrer die Decke des Stollens durchbrach, in dem die Kumpel eingeschlossen waren. Mit Eisenstangen hämmerten sie auf den Bohrer ein. Sie bemalten ihn mit Farbe. Sie umarmten ihn. Sie schickten viele Nachrichten nach oben, aber nur eine blieb auf dem Weg an die Oberfläche heften. Darauf stand, „Uns geht es gut. Die 33 im Schutzraum.“

Insgesamt überlebten die Männer neunundsechzig Tage unter Tage, bevor sie am 13. Oktober 2010 wieder das Tageslicht erblickten. Ein Rekord. Mehr als eine Milliarde Menschen weltweit verfolgten die Bergung live im Fernsehen. Es waren bewegende Szenen, als die Männer, ihre Familien, das chilenische Volk und die ganze Welt diesen wunderbaren Triumph feierte.

Ein Leben im Glauben ist voller Herausforderungen, Schwierigkeiten und Prüfungen, aber es gibt auch immer wieder Zeiten des Sieges. In unseren heutigen Passagen lesen wir von drei unterschiedlichen Arten des Sieges.

Weisheit

Psalm 18,17–25

17 Gott streckte mir seine Hand von oben entgegen
 und riss mich aus den tosenden Fluten.
18 Er befreite mich von der Übermacht meiner Feinde,
 von allen, die mich hassten
 und so viel stärker waren als ich.
19 Sie hatten mich überfallen,
 als ich schon im Unglück steckte.
 Aber der HERR gab mir sicheren Halt

20 und führte mich aus der Not hinaus in die Freiheit.
 Er rettete mich. So viel bedeute ich ihm!
21 Der HERR tat mir Gutes für meine Treue,
 meine Rechtschaffenheit hat er belohnt.
22 Denn stets bin ich dem HERRN gefolgt
 und habe meinem Gott nie den Rücken gekehrt.
23 Seine Gebote hielt ich mir immer vor Augen,
 und seine Befehle schlug ich nicht in den Wind.
24 Ich lebte vollkommen nach seinem Willen
 und ging jedem Unrecht aus dem Weg.
25 Ja, der HERR belohnte meine Treue,
 meine Rechtschaffenheit übersah er nicht.

Kommentar

Sieg über deine Feinde

David war ein kampferprobter Mann. Er war von Feinden umzingelt, die „zu stark für [ihn] waren (18,18b). Für Gott sind sie aber nicht zu stark. Er befreite David aus der Hand derer, die zu stark für ihn waren und brachte ihn „an einen sicheren Ort“ (18,20). Derr Herr „riss mich aus aller Gefahr heraus, weil er Gefallen an mir hatte“ (18,20; NGÜ).

Wenn du momentan an einem „sicheren Ort“ bist, danke Gott dafür. Wenn nicht, dann rufe zu Gott um Hilfe, dass Er dich retten möge. Und wenn jemand in deiner Familie oder ein Freund zurzeit zu kämpfen hat, dann bete, dass Gott ihn oder sie an einen „sicheren Ort“ bringt.

Gebet

Herr, ich danke Dir für die Situationen, in denen Du mich an einen sicheren Ort gebracht hast. Heute bete ich für …
Neues Testament

Matthäus 22,15–46

Die Frage nach der Steuer

15 Da kamen die Pharisäer zusammen und berieten,
wie sie Jesus mit seinen eigenen Worten in eine Falle locken könnten. 16 Sie schickten ein paar von ihren Jüngern und einige Anhänger von König Herodes zu ihm. Die fragten ihn scheinheilig: »Lehrer, wir wissen, dass es dir allein um die Wahrheit geht. Du sagst uns klipp und klar, wie wir nach Gottes Willen leben sollen. Du redest den Leuten nicht nach dem Mund – ganz gleich, wie viel Ansehen sie besitzen. 17 Deshalb sage uns: Ist es eigentlich Gottes Wille,
dass wir dem römischen Kaiser Steuern zahlen, oder nicht?«

18 Jesus durchschaute ihre Hinterhältigkeit. »Ihr Heuchler!«, rief er. »Warum wollt ihr mir eine Falle stellen? 19 Zeigt mir eines der Geldstücke, mit denen ihr die Steuern bezahlt!« Sie gaben ihm eine römische Münze.
20 Er fragte sie: »Wessen Bild und Name sind hier eingeprägt?«

21 Sie antworteten: »Die des Kaisers.« Da sagte Jesus zu ihnen:
»Nun, dann gebt dem Kaiser, was ihm zusteht, und gebt Gott, was ihm gehört!«

22 Diese Antwort überraschte sie. Sie ließen Jesus in Ruhe und gingen weg.

Werden die Toten auferstehen?

23 Am selben Tag kamen einige Sadduzäer zu Jesus. Diese Leute behaupten, es gebe keine Auferstehung der Toten. Sie fragten ihn: 24 »Lehrer, Mose hat bestimmt: Wenn ein verheirateter Mann stirbt und keine Kinder hat, dann muss sein Bruder die Witwe heiraten und dafür sorgen, dass der Verstorbene doch noch einen Nachkommen erhält. 25 Nun lebten da unter uns sieben Brüder. Der erste heiratete und starb. Weil er keine Nachkommen hatte, heiratete sein Bruder die Witwe. 26 Auch der zweite Bruder starb kinderlos, und der nächste Bruder nahm sie zur Frau. So ging es weiter, bis die Frau mit allen sieben verheiratet gewesen war. 27 Schließlich starb auch sie. 28 Wessen Frau wird sie nun nach der Auferstehung sein? Schließlich waren ja alle sieben Brüder mit ihr verheiratet.«

29 Jesus antwortete: »Ihr irrt euch, denn ihr kennt weder die Heilige Schrift noch die Macht Gottes. 30 Wenn die Toten auferstehen, werden sie nicht mehr wie hier auf der Erde heiraten. Es wird ganz anders sein: Sie sind dann wie die Engel Gottes im Himmel. 31 Was nun die Auferstehung der Toten überhaupt betrifft: Habt ihr nicht gelesen, was Gott euch in der Heiligen Schrift sagt: 32 ›Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs‹? Er ist doch nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden!«

33 Die vielen Menschen, die Jesus zugehört hatten, waren tief beeindruckt von dem, was er lehrte.

Was ist das wichtigste Gebot?

34-35 Als die Pharisäer hörten, wie Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, dachten sie sich eine neue Frage aus, um ihm eine Falle zu stellen. Ein Gesetzeslehrer fragte ihn: 36 »Lehrer, welches ist das wichtigste Gebot im Gesetz Gottes?«

37 Jesus antwortete ihm: »›Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit deinem ganzen Verstand.‹38 Das ist das erste und wichtigste Gebot. 39 Ebenso wichtig ist aber ein zweites: ›Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.‹ 40 Alle anderen Gebote und alle Forderungen der Propheten sind in diesen beiden Geboten enthalten.«

Wer ist der Christus?

41 Bei dieser Gelegenheit fragte Jesus die Pharisäer, die sich bei ihm versammelt hatten: 42 »Was denkt ihr über den Christus, der als Retter zu euch kommen soll? Wessen Nachkomme ist er?«

Sie antworteten: »Er ist ein Nachkomme von König David.«

43 Da entgegnete Jesus: »Warum hat David ihn dann, geleitet vom Geist Gottes, ›Herr‹ genannt? Denn David sagte:

44 ›Gott, der Herr, sprach zu meinem Herrn: Setze dich auf den Ehrenplatz an meiner rechten Seite, bis ich dir alle deine Feinde unterworfen habe und du deinen Fuß auf ihren Nacken setzt!‹

45 Wenn David den Christus also ›Herr‹ nennt, wie kann er dann Davids Nachkomme sein?« 46 Darauf wussten sie keine Antwort. Und von da an wagte niemand mehr, ihm weitere Fragen zu stellen.

Kommentar

Sieg über deine Kritiker

Jesu Gegner stellten Ihm drei Fragen: eine hinterlistige Frage, eine Fangfrage und eine Testfrage (22,23.35). Alle drei beantwortet Er in einer Art und Weise, die Ihn als Sieger aus der Situation hervorgehen lässt. Seine Antworten machen sprachlos (22,22) und beeindrucken (22,33) nicht nur, sondern haben Auswirkung auf die Menschheitsgeschichte. Was können wir aus Jesu Antworten lernen?

1.\tUnterteile dein Leben nicht in geistlich und weltlich
Die erste Frage, die die Pharisäer stellen, ist hinterlistig: „Nun sage uns, was du darüber denkst: Ist es richtig, an den Kaiser Steuern zu zahlen?“ (22,17). Die Steuern, die sie hier ansprachen, waren ausgesprochen unbeliebt. Hätte Jesus mit „ja“ geantwortet, wäre Er beim Volk in Verruf gekommen. Alle hätten Ihn gehasst und als Verräter gesehen, der Sich bei den Römern anbiedern will.

Aber wenn Er mit „nein“ geantwortet hätte, hätte Er Sich der Aufwiegelung strafbar gemacht, wäre verhaftet und hingerichtet worden.

In Seiner einzigartigen Weisheit führte Jesus keine Regeln und Bestimmungen an, sondern erklärte zeitlose Prinzipien. Seine Antwort machte sie sprachlos, „gebt dem Kaiser, was ihm gehört. Und gebt Gott, was Gott gehört“ (22,21).

Jeder Nachfolger Jesu hat eine doppelte Staatsbürgerschaft. Du hast eine Verantwortung, dich als gute Bürger in die Gesellschaft, in der du hier auf der Erde lebst, einzubringen.

Grundsätzlich müssen beide – der Kaiser und Gott – nicht im Widerspruch zu einander stehen. Beiden sollen wir gute Bürger sein. Engagiere dich in dieser Gesellschaft und zieh dich nicht aus ihr zurück.

Es ist nicht so, dass Gott für dein „geistliches“ Leben zuständig ist und die Regierung für alle „weltlichen“ Aspekte deines Lebens. Vielmehr steht dein ganzes Leben unter der Autorität Gottes. Teil deiner Verantwortung gegenüber Gott ist, dass wir unsere Regierung ehren und ihre rechtmäßigen Forderungen an uns erfüllen. So wie die Münzen damals das Konterfei von Cäsar schmückte, trägst du das Bild Gottes (1. Mose 1,26). Gott möchte, dass du Ihm dein ganzes Leben schenkst.

2.\tWissen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt
Als nächstes warten die Sadduzäer mit einer Fangfrage über eine Frau auf, die sieben Männer hatte. Die Sadduzäer glaubten nicht an die Auferstehung, daher konstruierten sie eine komplizierte Frage, um zu zeigen, wie absurd dieser Gedanke ist (22,23-28).

Jesus antwortete ihnen, „ihr irrt euch, weil ihr die Schrift nicht kennt und auch nicht die Macht Gottes!“ (22,29). Anhand des Pentateuchs, der fünf Bücher Mose – die einzigen Schriften, die bei den Sadduzäern galten, zeigt Er ihnen, dass Gott „der Gott der Lebenden und nicht der Toten“ ist (22,32).

Das tut Er, indem Er aus 2. Mose 3 zitiert, wo Gott aus dem brennenden Dornbusch zu Moses sprach, „Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks“ (22,32). Als Gott dort zu Moses sprach, waren Abraham, Isaak und Jakob schon viele hundert Jahre tot. Trotzdem sagte Gott nicht, „ich war ihr Gott“, sondern „ich bin der Gott“. Sie leben noch.

Damit zeigt Jesus, dass dieses Leben nicht alles ist. Außerdem, dass der Übergang von diesem Leben zum zukünftigen ohne Unterbrechung erfolgt. Es gibt eine körperliche Auferstehung. Und doch gibt es auch einen Bruch, denn wir „werden sein wie die Engel im Himmel“ (22,30). Vor allem heißt es in der Heiligen Schrift, dass es eine Auferstehung geben wird. Und wenn wir davon ausgehen, dass Gott allmächtig ist, was spricht dann dagegen?

3.\tMache Liebe zu Gott und anderen Menschen zur Priorität
Die dritte Frage der Pharisäer ist eine Testfrage, auf die Jesus eine brillante Antwort parat hat, die mitten ins Herz des Alten Testamentes spricht: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken…Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (22,37.39). Alles andere sind ausführliche Ausarbeitungen dieser zwei Gebote (22,34-40).

Nachdem Er Seine Kritiker zum Schweigen gebracht hat, stellt Jesus nun Seinerseits eine Frage. Dabei geht es um Seine Identität. Anhand der Heiligen Schrift zeigt Er, dass der Christus nicht nur ein Sohn Davids ist – sondern auch Herr über David (22,41-46). Damit beweist Er, dass der Messias weit mehr ist als nur ein großer menschlicher König. Das stellt nicht nur ihre Vorstellungen über den Messias infrage, sondern ist ein verdeckter Hinweis darauf, wer Jesus ist.

Ein Augenblick des Siegs für Jesus: „Niemand konnte seine Frage beantworten. Danach wagte niemand mehr, ihm weitere Fragen zu stellen“ (22,46).

Gebet

Vater, bitte schenke mir Weisheit, dass ich wie Jesus hinterhältigen Fragen ausweichen, Fangfragen erkennen und Testfragen beantworten kann.
Altes Testament

Hiob 30,1–32,22

Ausgestoßen!

30 1 »Und jetzt? Jetzt lachen sie mich aus
 – sie, die jünger sind als ich;
 ihre Väter hätte ich nicht einmal für wert geachtet,
 sie zu den Hunden meiner Herde zu stellen!
2 Was sollen mir diese Schwächlinge nützen,
 die keine Kraft mehr in den Knochen haben?
3 Ausgezehrt von Hunger
 und Armut nagen sie die Wurzeln in der Wüste ab,
 draußen im Land der Einsamkeit.
4 Sie pflücken Salzkraut von den Büschen,
 und Ginsterwurzeln sind ihr Brot.
5 Aus der menschlichen Gemeinschaft wurden sie verjagt,
 man schreit ihnen nach wie Dieben.
6 In verlassenen Tälern hausen sie,
 zwischen Felsen und in Erdhöhlen.
7 Im Gestrüpp, da kauern sie und schreien,
 unter hohen Distelsträuchern drängen sie sich zusammen.
8 Dieses Gesindel, diese Brut,
 aus dem Lande weggejagt!

9 Und jetzt? Jetzt machen sie Spottverse,
 sie zerreißen sich das Maul über mich.
10 Sie verabscheuen mich und gehen mir aus dem Weg;
 und wenn sie mir doch einmal begegnen,
 spucken sie mir ins Gesicht!
11 Gott hat meine Lebenskraft zerbrochen und mich gedemütigt,
 darum kennen sie in meiner Gegenwart keine Rücksicht mehr.
12 Ja, diese Brut greift mich an! Sie versuchen,
 mich zu Fall zu bringen,
 sie schütten einen Belagerungswall rings um mich auf.
13 Sie schneiden mir den Weg ab
 und zerstören mein Leben, niemand hält sie dabei auf.
14 Sie durchbrechen meine Verteidigungsmauer
 und zertrümmern, was ihnen in die Quere kommt.
15 Furcht und Entsetzen haben mich gepackt
 und meine Würde wie im Sturm verjagt;
 meine Sicherheit ist vertrieben wie eine Wolke.

16 Mein Leben verrinnt, das Elend hat mich fest im Griff.
17 Bohrende Schmerzen rauben mir den Schlaf,
 sie nagen an mir Nacht für Nacht.
18 Mit gewaltiger Kraft hat Gott mich am Gewand gepackt
 und schnürt mich ein wie ein zu enger Kragen.
19 Er wirft mich in den Schmutz, ich bin zu Staub
 und Asche geworden.

20 Ich schreie um Hilfe, o Gott, aber du antwortest nicht;
 ich stehe vor dir, doch du starrst mich nur unerbittlich an.
21 Du bist mein grausamer Feind geworden,
 mit aller Kraft kämpfst du gegen mich!
22 Du wirbelst mich empor in die Luft,
 treibst mich vor dem Sturm dahin
 und zerschmetterst mich dann mit lautem Krachen.
23 Ja, ich weiß: Du willst mich zu den Toten bringen,
 hinunter in das Haus, wo alle Menschen sich versammeln.

24 Doch wer unter Trümmern verschüttet wurde,
 streckt die Hand nach Rettung aus;
 schreit man nicht im Unglücksfall um Hilfe?
25 Habe ich nicht damals über die geweint,
 die ein schweres Los zu tragen hatten?
 Ich hatte Mitleid mit den Armen!
26 Und so erwartete ich Gutes, doch das Unglück kam!
 Ich erhoffte das Licht, doch es kam die Dunkelheit.
27 Mein Inneres ist aufgewühlt, ich finde keine Ruhe,
 die Tage des Elends haben mich eingeholt.
28 Meine Haut ist schwarz geworden,
 doch nicht von der Sonnenglut. In der Versammlung stehe ich auf
 und schreie laut um Hilfe.
29 Mein Heulen klingt wie das der Schakale,
 wie das Schreien der Strauße.
30 Meine Haut ist schwarz geworden und schält sich,
 das Fieber glüht in meinem Körper.
31 Meine Laute spielt ein Trauerlied,
 meine Flöte eine Melodie der Klage.«

Mein letztes Wort: Ich bin unschuldig!

31 1 »Mit meinen Augen habe ich einen Bund geschlossen,
 niemals ein Mädchen lüstern anzusehen.
2 Was hätte ich von Gott sonst zu erwarten,
 von ihm, der in der Höhe thront?
 Welches Urteil hätte der Allmächtige dann über mich verhängt?
3 Den Bösen trifft das Unheil,
 und den Übeltätern schickt Gott Unglück.
4 Er sieht doch all mein Tun,
 er kennt jeden Schritt.

5 War ich jemals verlogen und falsch,
 habe ich andere betrogen?
6 Gott soll mich wiegen auf seiner gerechten Waage
 – und er wird feststellen,
 dass ich unschuldig bin!
7 Wenn ich von seinem Wege abgewichen bin,
 wenn mein Herz alles begehrte,
 was meine Augen sahen,
 oder wenn an meinen Händen irgendein Unrecht klebt,
8 dann soll ein anderer verzehren,
 was ich gesät und geerntet habe,
 ausreißen soll man das Getreide auf meinem Feld!

9 Wenn ich mich von der Frau meines Nachbarn betören ließ
 und an ihrer Tür auf sie gewartet habe,
10 dann soll meine Frau für einen anderen kochen,
 und andere sollen sich über sie hermachen!
11 Denn dann hätte ich eine Schandtat begangen,
 ein Verbrechen, das vor die Richter gehört.
12 Ein Feuer ist der Ehebruch! Es brennt bis in den Tod.
 Es würde all mein Hab und Gut bis auf den Grund zerstören.

13 Wenn ich das Recht meines Knechtes
 oder meiner Magd missachtet hätte,
 als sie gegen mich klagten,
14 was wollte ich tun, wenn Gott Gericht hält,
 was könnte ich ihm erwidern,
 wenn er mich zur Rechenschaft zieht?
15 Denn er, der mich im Mutterleib gebildet hat,
 er hat auch meinen Knecht geschaffen.
 Wir beide verdanken unser Leben ihm!

16 Niemals habe ich die Bitte eines Armen abgeschlagen
 und keine Witwe weggeschickt,
 die verzweifelt zu mir kam.
17 Ich habe mein Brot nicht für mich selbst behalten, nein
 – mit den Waisenkindern habe ich es geteilt.
18 Von meiner Jugend an habe ich sie großgezogen wie ein Vater,
 für die Witwen habe ich mein Leben lang gesorgt.
19 Habe ich ruhig zugesehen,
 wie einer vor Kälte umkam?
 Ließ ich den Armen ohne warme Kleider weitergehen?
20 Nein, die Wolle meiner Lämmer wärmte ihn,
 er dankte mir von ganzem Herzen.
21 Wenn ich je ein Waisenkind bedrohte, wohl wissend,
 dass ich vor Gericht die größere Macht besaß,
22 dann soll mir der Arm von der Schulter fallen,
 abbrechen soll er, gerade am Gelenk!
23 Doch ich habe Gottes Strafgericht immer gefürchtet.
 Die Furcht vor seiner Hoheit hat mich vom Unrecht ferngehalten.

24 Ich habe nicht auf Gold vertraut;
 zum reinen Gold habe ich niemals gesagt:
 ›Du sicherst mir das Leben!‹
25 Ich habe mir auch nichts auf meinen großen Reichtum eingebildet,
 den ich mit eigener Hand erworben habe.
26-27 Und hätte ich mich heimlich dazu verführen lassen,
 die strahlende Sonne zu verehren
 oder den Mond auf seiner silbernen Bahn –
28 auch das wäre ein Vergehen, das vor die Richter gehört,
 denn damit hätte ich Gott verleugnet,
 der hoch über allen Gestirnen thront.

29 Habe ich hämisch gegrinst,
 wenn meinen Feind das Unglück traf,
 habe ich über seinen Untergang schadenfroh gelacht?
30 Nein, ich habe mit keinem Wort gesündigt,
 ich habe ihn nicht verflucht,
 ihm nicht den Tod gewünscht!
31-32 Kein Gast ist je von meinem Haus hungrig weggegangen,
 keinen Fremden ließ ich draußen auf der Straße übernachten, nein,
 meine Tür stand dem Wanderer stets offen
 – meine Männer können es bezeugen!
33 Ich habe nie versucht,
 mein Unrecht zu verbergen oder meine Schuld geheim zu halten,
 wie alle anderen es tun.
34 Ich bin nicht stumm zu Hause geblieben aus Angst,
 dass meine Sippe mich verachten könnte;
 ich scheute nicht die große Menge.

35 Ach, wenn Gott mich nur anhörte!
 Hier ist die Unterschrift unter meine Verteidigung!
 Ich erwarte, dass der Allmächtige mir darauf antwortet!
 Mein Gegner soll seine Anklagen schriftlich niederlegen!
36 Ja, ich würde dieses Schriftstück auf der Schulter tragen
 und es mir wie eine Krone aufsetzen!
37 Über jeden Schritt würde ich Gott Rechenschaft geben,
 wie ein Fürst ihm gegenübertreten!
38 Wenn mein Acker meinetwegen um Hilfe schreien musste
 und seine Furchen von Tränen durchnässt waren,
39 wenn ich seinen Ertrag verzehrt habe,
 ohne ihm zu geben, was ihm zusteht;
 wenn ich die Pächter zugrunde gerichtet habe,
40 dann sollen auf dem Acker Dornen statt Weizen wachsen
 und Unkraut statt der Gerste!«
 Hier enden die Reden von Hiob.

Elihu: Jetzt rede ich!

32 1 Da gaben es die drei Männer auf,
 weiter mit Hiob zu reden,
 denn er hielt an seiner Unschuld fest.
2 Doch der Busiter Elihu,
 der Sohn von Barachel aus der Sippe Ram,
 wurde von Zorn gepackt. Er war wütend auf Hiob,
 weil dieser meinte, gegenüber Gott im Recht zu sein.
3 Auch auf die drei Freunde war er zornig,
 weil sie auf Hiobs Anklagen keine Antwort mehr fanden,
 obwohl sie ihn ständig für schuldig erklärten.
4 Elihu hatte bis jetzt gezögert, Hiob etwas zu sagen,
 denn die anderen waren älter als er.
5 Doch als er merkte,
 dass sie nichts mehr zu entgegnen wussten,
 packte ihn der Zorn.
6 Er ergriff das Wort: »Ich bin noch jung,
 und ihr seid alte Männer, darum wagte ich es nicht,
 euch mein Wissen mitzuteilen.
7 Ich dachte: ›Lass erst die alten Männer sprechen,
 sie schöpfen aus reicher Erfahrung!‹
8 Doch auf den Geist im Menschen kommt es an,
 auf diese Gabe des Allmächtigen:
 Sie allein gibt ihm Weisheit!
9 Nein, nicht nur die Betagten sind weise;
 man muss nicht im vorgerückten Alter sein,
 um zu begreifen, was richtig ist.
10 Und darum sage ich: Hört mir zu!
 Jetzt will ich euch zeigen, was ich weiß!
11 Geduldig habe ich euch zugehört und darauf gewartet,
 dass ihr treffende Worte findet
 und Hiob eine passende Antwort gebt.
12 Ich habe euer Gespräch aufmerksam verfolgt
 – doch keiner von euch konnte ihn zurechtweisen
 und seine Erklärungen entkräften.
13 Sagt jetzt nur nicht: ›Natürlich sind wir weise
 – doch ihn widerlegen, das soll Gott tun, nicht ein Mensch!‹
14 Hiobs Reden waren nicht gegen mich gerichtet,
 und nicht mit euren Worten werde ich ihm begegnen.

15 Ihr seid am Ende, ihr habt nichts mehr zu sagen,
 euch fehlen die Worte!
16 Soll ich etwa noch länger warten,
 nur weil ihr euch in Schweigen hüllt,
 weil ihr dasteht und nichts mehr zu erwidern habt?
17 Nein, jetzt bin ich an der Reihe!
 Ich will Hiob Antwort geben aus meinem reichen Wissensschatz!
18 Denn ich kann meine Gedanken nicht länger zurückhalten,
 der Geist in mir drängt mich zum Reden.
19 Es gärt in mir wie neuer Wein im fest verschlossenen Lederschlauch:
 Ich platze fast!
20 Ich muss jetzt etwas sagen, dann wird mir leichter!
 Ich kann nicht länger an mich halten!
21 Keinen von euch werde ich bevorzugen,
 keinem nach dem Munde reden,
22 nein, vom Schmeicheln halte ich nichts!
 Sonst würde mich mein Schöpfer bald aus dem Leben reißen!«

Kommentar

Sieg über Versuchungen

Das Buch Hiob macht Schluss mit der Annahme, dass Sünde und Leid sich gegenseitig bedingen, dass Leid an die Schuld (oder Nichtschuld) einer Person gebunden ist. Ziel des Buches Hiob ist zu zeigen, dass, auch wenn Hiob nicht perfekt war (13,26 und 14,17), sein Leiden nicht durch seine Schuld ausgelöst worden war. Hiob war „rechtschaffen, aufrichtig und gottesfürchtig und sein Lebenswandel war untadelig“ (1,1).

Hiob wusste, dass sein Gewissen rein war, unabhängig von den Anschuldigungen seiner Freunde. Es ist, als stünde er vor Gericht, vor seinem Gegner, der die Anklageschrift verliest (31,35). Heute lesen wir „[seine] Verteidigung“ (31,35; Hfa).

Hiob ist uns Vorbild und Inspiration gleichermaßen. Er gibt uns ein wunderbares Beispiel eines heiligen und gerechten Lebens.

•\tBleib sauber
„Ich habe einen Bund mit meinen Augen geschlossen, dass ich keine Jungfrau mit begehrlichem Blick anschauen will“, (31,1). Nie ließ Hiob sich von einer anderen Frau „betören” (31,9) oder auch nur im Herzen zum Ehebruch verleiten. Er erkannte, dass „ein solches Begehren eine schändliche Sünde… ein verzehrendes Feuer [ist], das einen bis zum Untergang auffrisst und alles ruiniert“ (31,11-12).

•\tHäng dich nicht an materielle Dinge
Hiob verließ sich nicht auf seinen Reichtum (31,24). Auch in diesem Punkt ließ er sich nicht „heimlich verführen“ (31,27).

•\tLiebe deine Feinde
Er widerstand der Versuchung, seine Gegner zu hassen. Nie war er schadenfroh, wenn es ihnen schlecht erging (31,29b) – das kann eine sehr große Versuchung sein. Auch ist die Versuchung groß, unserem Zorn Worte zu verleihen, aber „nie habe ich es meinem Mund erlaubt, sich so zu versündigen oder ihm mit einem Fluch den Untergang zu wünschen“ (31,30).

•\tSei großzügig
Er vermied nicht nur im Privatleben, Schuld auf sich zu laden, sondern war auch ein gerechter Arbeitgeber (31,13). Er verschloss sich „den Bitten der Armen“ nicht (31,16a), und „kein Fremder musste draußen übernachten, denn [seine] Tür stand immer allen offen“ (31,32; GNB).

Gebet

Herr, bitte hilf mir, mit einem reinen Gewissen zu leben. Hilf mir, „sauber“ zu bleiben und alle meine Hoffnung in Dich zu setzen. Danke, dass Jesu Kreuz die Vergebung meiner Fehler möglich macht und dass ich in der Kraft des Heiligen Geistes Versuchungen besiegen kann.

Pippa fügt hinzu

Die Zuversicht, dass Gott Hiobs Unschuld anerkennen wird, beeindruckt mich sehr (31,6). Hiobs Art sein Leben zu leben, spricht dafür. Wie er beispielsweise bereitwillig sein Essen teilte (31,17). Ich war alles andere als großherzig, als ich neulich nach Hause kam und Nicky alle Schokoladen-Brownies unseren Gäste angeboten hatte, die unangekündigt vorbeigeschaut hatten. Da liegt noch ein langer Weg vor mir!

Vers des Tages

Psalm 18,20

Er brachte mich an einen sicheren Ort und rettete mich, weil er Freude an mir hatte.

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Verweise

Diesen Texten liegt die englisch-sprachige Bible in one Year („BIOY“) von Nicki und Pippa Gumbel, London, England zugrunde, in der aktuelle Fassung von 2021.
Quellenangaben für Zitate im Text wurden dem englischen Original entnommen.
BIOY ist Teil von Alpha International. Alpha International ist eine Organisation („registered Charity“) in England und Wales (no. 1086179) und in Schottalnd(no. SC042906) und eine Gesellschaft privaten Rechts „by guarantee“ und registriert in England & Wales (no. 4157379). Der Hauptsitz ist „HTB Brompton Road SW7 1 JA London, England. © Copyright Alpha International 2021

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde erstellt von: Dipl. Übersetzerin Wibke Kiontke, Allgemein ermächtigte Übersetzerin EN/DE, Certified Translator EN/GE, Gutensteinstraße 12, D-61250 Usingen
Sprecher: Jörg Pasquay, Milchberg 7, 86150 Augsburg www.wortmuehle.de und Susanne Pasquay („Noch ein Gedanke meiner Frau“)

Die Bibeltexte (Lesungen) sind der Übersetzung „Hoffnung für alle®“ entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis, Basel.“

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